Wie in meinem letzten Blogartikel bereits erwähnt, bereite ich mich momentan auf den "Megamarsch" um Wien vor, den ich (zumindest großteils) laufen möchte. Dazu habe ich mein - bisher schon sehr vielseitiges - Training um einen langen Lauf pro Woche erweitert, wobei "lang" bei mir bereits alles über 15 Kilometer ist. Das Laufen war bisher nur mehr oder minder pflichtbewusst abgespulter Konterpart zum Kraftraining, das allerdings nach wie vor Dreh- und Angelpunkt meiner sportlichen Aktivitäten ist. Es zu vernachlässigen, wäre aus gesundheitlichen Überlegungen für mich undenkbar. Warum das so ist, werde ich in einem meiner nächsten Artikel noch näher erläutern.
Wie auch immer, lange Läufe stehen seit Beginn des Monats Mai regelmäßig auf meiner sportlichen Menüliste. Es ist also wohl an der Zeit, einen ersten kleinen Erfahrungsbericht zu Papier (oder eher auf Bildschirm) zu bringen.
Nachdem der erste lange Trainingslauf so gut geklappt hatte, war es einfach, die Motivation für die folgenden Läufe aufzubringen - ganz abgesehen davon, dass ich ohnehin kein großes Problem damit habe, mich zum Training zu überwinden. Ich schalte dazu einfach das Denken aus, ziehe Sportkleidung an und beginne. Die sanfte Stimme des inneren Schweinehunds ist bei mir schon vor Jahren verstummt. Ich denke, der Gute hat es mittlerweile aufgegeben, mich umgarnen zu wollen. Dafür kuschle ich nach getanem Training ohnehin gerne mit ihm und seinem Bruder, dem guten Gewissen, auf der Couch. Wenn man einmal erkannt hat, dass sportliche Betätigung zur Körperhygiene gehört wie Duschen, Zähneputzen und Nägelschneiden, ist Selbstmotivation eigentlich kein großes Thema mehr.
Mein Zeitplan für die zweite Trainingswoche war allerdings etwas eng und ich befürchtete schon, meinen langen Lauf ausfallen lassen zu müssen. Da aber Not erfinderisch macht, bot sich letzten Endes doch eine Lösung an, die wahrscheinlich sogar Vorteile hatte. Doch beginnen wir am Anfang:
In dieser Woche hatte ich am Dienstag einen Termin in der Autowerkstätte. Mein durchaus geliebter Lastesel, der Dacia Dokker, musste zum Service. Ich beschloss also, das Unaufschiebbare mit dem Nützlichen zu verbinden und die Strecke zwischen Heidenreichstein und Reingers, meinem Zuhause, in Laufschuhen zurückzulegen. Da nicht hundertprozentig klar war, wie lange das Auto in Arbeit sein würde, wollte ich nicht unbedingt warten und es lieber am nächsten Tag abholen.
So trabte ich also erst einmal ganz entspannt durch das Ortsgebiet von Heidenreichstein, vorbei an der berühmten Wasserburg, der wohl eindrucksvollsten und besterhaltenen ihrer Art.
Bald aber schon befand ich mich auf der nach Norden führenden Straße, die durch den sogenannten "Räubers- oder Reiberswald" (es existieren verschiendene Schreibweisen) nach Eisgarn führt. Wer Näheres zu Burg, Wald oder Ort wissen will, dem sei übrigens mein Büchlein "Nordwandern" empfohlen. ;-)
Trotz der Tatsache, dass es Mitte Mai war, war es verhältnismäßig kühl und wechselhaft. Als ich mich mitten im Nirgendwo befand, begann es zu regnen, bald schon zu schneien. Waldviertel at it's best. Als hätten diverse Verschwörungstheoretiker recht und der Klimawandel wäre nur ein Hirngespinst.
Aber egal, ich war ja in Bewegung, kalt wurde mir nicht und letzten Endes hatte ich nur mehr etwa zehn Kilometer vor mir.
Sanftwellig zog sich die Straße durch den Wald, ich lief locker auf dem festen, ebenen Bankett, das ich als angenehmer als den Asphalt empfand.
Da ich gewöhnlich meist im Gelände laufe, war dieses Dahintraben auf planem Untergrund sehr entspannend: Sowohl Aufmerksamkeit als auch Koordination wurden mir nicht sonderlich abverlangt und so kam ich zügig Kilometer um Kilometer voran.
Kurz darauf war ich in Eisgarn angekommen und hatte damit etwa die Hälfte der Tagesstrecke hinter mich gebracht.
Mittlerweile hatte sich auch das Wetter gewandelt und statt Regen und Schnee blitzte immer wieder die Sonne zwischen den Wolken hervor und ließ die blühenden Rapsfelder in sattem Gelb leuchten.
Ich querte das erwähnte Eisgarn, das seinerzeit die Außenkulisse für die Fernsehserie "Braunschlag" abgegeben hatte, zweigte Richtung Groß Radischen ab (Nein, in jenem Dorf ist nicht der Gemüseanbau die Haupteinnahmequelle der Bevölkerung...) und trabte, den Wettstreit zwischen Niederschlagswolken und blauem Himmel beobachtend, Richtung Reingers.
Beim Teich von Groß Radischen wurde es noch ein letztes Mal kurz nass (siehe Foto), doch schon knappe vier Kilometer später war ich in meinem Heimatort angelangt.
Dieser Lauf hatte neben seinem praktischen Nutzen - ich musste ja von der Autowerkstatt irgendwie nach Hause gelangen - auch noch einen weiteren Vorteil: Er war mit etwa 16 Kilometern nicht übermäßig lang und deshalb ideal, um meine neuen (Straßen-)Laufschuhe einzutragen. Sie drückten nicht, die Zehen hatten ausreichend Platz, nichts scheuerte, sie waren weich, saßen aber gut am Fuß und dämpften auch auf Asphaltabschnitten wunderbar. Okay, diesbezüglich war ich von meinen aktuellen Traillaufschuhen (Reebok All Terrain) und den minimalistischen Barfußlaufschuhen (Nike Free) nicht unbedingt verwöhnt - also auch leicht zu begeistern. Trotzdem, die Asics GT 1000 6 trugen sich bequem wie Hausschuhe, egal ob auf Asphalt, auf Feldwegen oder befestigten Waldwegen. Keine Blasen, keine Scheuerstellen, meine Füße fühlten sich in ihnen pudelwohl.
Andererseits konnten die 16 Kilometer aber auch nicht wirklich als langer Lauf gelten, war ich doch die Woche zuvor bereits etwa 30 Kilometer unterwegs gewesen. Da ich aber in einem Artikel zum Thema Ultramarathontraining gelesen hatte, dass es zeitweise auch Vorteile haben kann, den langen Lauf zu teilen und an zwei hintereinander folgenden Tagen zu absolvieren, hielt sich mein schlechtes Gewissen in Grenzen. Immerhin wusste ich, dass das Auto am nächsten Tag nach der Arbeit wieder aus Heidenreichstein zu holen war. Dies war eine Strecke von zirka 14 Kilometern und damit kam ich auf die Gesamtleistung des vorwöchigen langen Laufs.
Gesagt, getan, am nächsten Tag zog ich mir nach meinen Unterrichtsstunden die Laufsachen an und sprintete zur Bank, wo ich noch einen kurzen Termin wahrzunehmen hatte. Dann allerdings ging es direkt nach Heidenreichstein zur Autowerkstätte. Kaum hatte ich die Litschauer Stadtgrenze passiert, begann es leicht, doch stetig zu regnen - und hörte während des gesamten kommenden Laufs auch nicht mehr auf. Umso trister erschien die ohnehin schon schauerliche "Antonius-Säule" vor Loimanns, jener Ort, an dem seinerzeit die Delinquenten, die auf der Richtstätte der Stadt Litschau ihre Verbrechen sühnen mussten, sich von ihren Familien zu verabschieden hatten.
Erneut kam ich (allerdings aus einer anderen Richtung) nach Eisgarn, durchquerte den Ort und lief auf derselben Straße wie bereits am Tag zuvor nach Heidenreichstein. Im Räuberswald - der ebenfalls bereits am Vortag von mir durchquert worden war - besah ich mir das Achazmarterl näher, das 1847 über einer schon zuvor bestehenden Quelle errichtet worden war, um einen Rast- und Andachtsort für Reisende zu bilden. Dort konnten diese einst Körper und Geist stärken und somit voller Kraft ihren Weg fortsetzen. Heute brausen die Autofahrer meist mit voller Geschwindigkeit an dieser Stelle vorbei. Ein Grund mehr, dem Platz ein wenig Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, was ich auch (zumindest kurz) tat.
Da ich aber bereits recht durchnässt war, hielt ich mich nicht lange auf und trabte weiter Richtung Autowerkstatt. Dort angekommen, zahlte ich meine Schulden für Service, Pickerl sowie das Umstecken der Räder und machte mich - diesmal motorisiert - auf den Weg nach Reingers, wo bereits eine heiße Dusche und trockene Kleidung auf mich warteten.
Wie bereits erwähnt: Es war ein ziemlich nasskühler Mai.
Ohne mich sonderlich angestrengt zu haben, war ich allerdings mit den zwei aufeinanderfolgenden Läufen (subjektiv empfunden) beinahe unterfordert.
Bald musste es wieder ein langer Lauf am Stück werden, das nahm ich mir fix vor.
Die darauffolgende Woche hatte mir wenig Zeit zum Laufen gelassen, ich hatte bis Freitag nur meine Krafttrainingseinheiten untergebracht - die allerdings recht intensiv. An diesem letzten Arbeitstag der Woche wollte ich wie so oft meinen Jüngsten mit dem Auto zum Fußballtraining nach Amaliendorf bringen und dort zwischenzeitlich eine zügige Trainingsrunde drehen. Das hatte ich schon des öfteren gemacht, in dieser Zeit war sich (inklusive anschließendem Abschwitzen und Umziehen) ein Zehn-Kilometer-Lauf immer gut ausgegangen. Diesmal allerdings erfuhr ich, dass mein Taxidienst nicht benötigt würde, seine Mutter wollte diese Fahrt übernehmen. Auch gut, warum nicht, somit hatte ich die Möglichkeit, meinen langen Lauf als Ausklang der Arbeitswoche anzugehen.
Zwar war es bereits fast 17 Uhr, doch ich hatte noch genug Zeit, um etwa 25 Kilometer unter die Schuhsohlen zu bekommen, es blieb ja schon lange hell. Wenn ich ganz gemütlich unterwegs wäre, käme ich - so der Plan - ohnehin um 20 Uhr wieder nach Hause. Ich hatte mir eine ungefähre Route im Kopf zusammengestellt: Reingers - Reinberg-Dobersberg - Reinberg-Litschau - Eggern - Reinberg-Heidenreichstein - Dietweis - Eisgarn - Groß Radischen - Leopoldsdorf - Reingers. Ein abwechslungsreicher Mix aus Straßen, Güterwegen, Waldtrails und Feldwegen.
Bei freundlichem Wetter und ohne Laufweste, nur mit einem Bauchgurt fürs Handy und zwei kleine Trinkflaschen, startete ich los.
Die Geschwindigkeit hielt ich absichtlich niedrig, steile Anstiege marschierte ich flott, um Kraft zu sparen, doch diese Stellen waren an jenem Nachmittag an einer Hand abzuzählen und machten nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtstrecke aus.
Ich konzentrierte mich darauf, Energie zu sparen, regelmäßig zu trinken und die Landschaft zu genießen. Vor allem der dritte Punkt gelang mir hervorragend, zeigte sich dieser nördlichste Zipfel Österreichs an diesem späten Nachmittag beziehungsweise frühen Abend im Licht der sinkenden Sonne von seiner frühlingshaft-schönsten Seite.
Mit klassischen Rockballaden (von Meat Loaf, den Rolling Stones, Eric Clapton, Bruce Springsteen und anderen) im Ohr verging die Zeit wie im Flug. Wieder einmal erkannte ich auch, wie prädestiniert meine Wohngegend für Ausdauersportarten ist, ganz egal, ob man sich als Trailrunner, Rennradfahrer, Mountainbiker oder Straßenläufer betätigen möchte. Sanftwellig, mit äußerst geringem Verkehrsaufkommen, durchzogen von einem schier unerschöpflichen Netz aus Waldwegen und Forststraßen, die durch traumhaft schöne Natur führen, durch malerische Dörfer oder an alten, einsam gelegenen Gehöften vorbei, ist das Waldviertel das ideale Trainingsgelände.
Etwas schneller als angenommen war ich wieder zu Hause - und das trotz Gehpassagen und bewusst langsamem Laufen. Ich hatte die geplante Distanz gut abgeschätzt, es waren im Endeffekt wirklich ziemlich exakt 25 Streckenkilometer.
Die neuen Schuhe waren nach wie vor bequem und machten der Haut an meinen Füßen keine Probleme.
Ich ließ sie dankbar vor der Tür auslüften und genehmigte mir als Trainingsabschluss ein entspanntes Abendbier.
Na gut, ertappt. Es folgte dann auch noch ein zweites nach dem Duschen.
Man braucht ja Elektrolyte, oder? :-)
Und was ist jetzt das Fazit nach einem Monat, in dem regelmäßig auch längere Läufe ins Training eingebunden waren?
Zuallererst bin ich sehr erfreut darüber, dass mir längeres Unterwegssein nach wie vor nicht schwerfällt. Die alte Form scheine ich aus meiner Dogtrekkingzeit (siehe letzter Blogpost) offenbar behalten oder zumindest schnell wieder aufgebaut zu haben.
Physisch wie psychisch stellt mich das ausgiebigere Ausdauertraining (noch) vor keine großen Hindernisse.
Einzig die Scheuerstellen an der Innenseite der Oberarme machen mir ein wenig zu schaffen, dort reibt über Stunden hinweg die Haut auf dem Stoff des Laufshirts - und langärmelig gekleidet möchte ich bei den momentanen Temperaturen nicht unbedingt unterwegs sein. Mal sehen, was Hirschtalg und Co. hier bringen. Vielleicht kann ich auch die Laufkleidung durch das Tragen von Shirts mit zumindest etwas längeren Ärmeln optimieren.
Ich werde verlässlich weiter berichten.