Worin liegt der Unterschied zwischen Gesundheits- und Wettkampfsport?
Für viele Zeitgenossen stellt sich diese Frage gar nicht, haben sie sich doch noch nie mit der Problematik befasst. Sport ist für sie nach wie vor etwas, "was man dann einmal mehr machen sollte". Andere wiederum konzentrieren sich auf eine Disziplin, wollen im Fußball, Schifahren, Tennis, Marathonlauf oder was auch immer ihre Leistung erhöhen und ordnen dem sehr viel anderes unter.
Die zweite Spezies arbeitet zumindest an ihrer Leistungsfähigkeit - wenn auch unter Umständen zu einseitig.
Wir Menschen sind aber - betrachtet man unsere Anatomie genauer - keine Spezialisten auf irgendeinem Gebiet.
Wir laufen viel langsamer als die meisten Beutegreifer, wir sind deutlich schwächer als eine gewaltige Anzahl vergleichbar großer Tiere, wir klettern selbst im Vergleich mit unseren engsten Verwandten im Tierreich äußerst ungeschickt - eigentlich ein Wunder, dass unsere Spezies nicht nur so lange auf diesem Planeten überlebt, sondern ihn sogar auch noch dermaßen gravierend für sich erobert hat.
Oder doch nicht? Immerhin haben wir drei große Vorteile: unsere Intelligenz, die Geschicklichkeit unserer Hände und unsere körperliche Vielseitigkeit. Wir können zumindest alles ein bisschen. Sogar schwimmen, wenn wir es wollen.
Wie schon in manchen früheren Artikeln angedeutet, bin ich der Meinung, dass zur Erhaltung unserer Gesundheit ein Lebensstil notwendig ist, der unseren Körper so beansprucht, wie die Natur es für ihn vorgesehen hat. Und wie eben erwähnt, wäre das ein buntes Potpourri aus verschiedensten Anforderungen. Wir sind von der Evolution zum Laufen, Gehen, Klettern, Springen, Schwimmen und letzten Endes auch dafür designt, durch Krafteinwirkung unsere Umwelt zu manipulieren: etwa durch das Anheben von Gegenständen oder den physischen Kampf mit Artgenossen oder Tieren. All diese Tätigkeiten müssen einerseits instinktiv funktionieren, andererseits hilft uns aber unsere - ebenfalls angeborene - Intelligenz dabei, unsere Fähigkeiten auch in ungewohnten Situationen möglichst effektiv einzusetzen. Daraus lässt sich unschwer folgern, dass abwechslungsreiche Anforderungen an unseren Körper auch unsere geistigen Fähigkeiten voranbringen können. Eine nette Wechselwirkung, wie ich meine.
Aufgrund meiner Erfahrung mit dem eigenen Körper - in dem ich nun ja doch schon über ein halbes Jahrhundert recht komfortabel wohne - ist der Dreh- und Angelpunkt jedes Gesundheitstrainings die Erhöhung der Kraft.
Auch hier ist es wiederum unverzichtbar, möglichst alle Bereiche gleichmäßig zu fordern: Das lächerlich wirkende Ergebnis des Trainings der "Discopumper", die sich mit Vorliebe auf die Erweiterung ihrer Oberarmmuskulatur konzentrieren, um im T-Shirt unbedarften Mädels zu imponieren, spricht schon rein optisch nicht gerade für diese. Spätestens, wenn die Zeit der kurzen Hosen kommt, wird es für sie nämlich echt peinlich.
Dass unausgewogenes Krafttraining sogenannte muskuläre Dysbalancen nach sich zieht, die mit der Zeit zu Einschränkungen oder sogar zu Haltungsschäden und Schmerzen führen können, soll hier nicht unerwähnt bleiben. Krafttraining als rein kosmetische Maßnahme zu sehen, kann (zwar nicht ins Auge, aber) ziemlich heftig aufs Kreuz gehen. Oder auf den Nacken. Oder die Kniegelenke. Und so weiter und so fort. Und damit hätte man alle Vorteile des Krafttrainings ad absurdum geführt. Richtig betrieben, bewahrt es nämlich vor Verspannungen und wirkt verletzungsvorbeugend. Und das sind nur die zwei offensichtlichsten Vorteile, man könnte da noch mehr aufzählen. Viel mehr.
Als notwendige Ergänzung zur Erhaltung beziehungsweise Erhöhung der Körperkraft ist Ausdauertraining unerlässlich. Ob man gerne läuft, wandert, radelt oder sich auf andere Weise niedrigintensiv, aber dafür länger betätigt, ist Geschmackssache. Näheres dazu werde ich in meinem nächsten Beitrag ausführlich darlegen.
Gerade das Ausdauertraining eignet sich natürlich auch bestens dazu, in den Alltag eingebaut oder als Freizeitaktivität mit Freunden oder Familie ausgeübt zu werden.
Doch auch hier gilt: Nur Ausdauertraining allein ist für unseren Körper zu wenig. Er braucht mehr.
Zum Beispiel Koordinationstraining.
Balanceübungen auf instabilen Untergründen sind - auch und vor allem für ältere Semester - in Kombination mit Krafttraining eine unschlagbare Verletzungsprophylaxe. Durch einige einfache Übungen pro Tag könnten hier dem Gesundheitssystem große Summen an Ausgaben erspart werden. Dass Stürze in fortgeschrittenem Alter oft weitere gesundheitliche Probleme nach sich ziehen, die nicht selten in absolute Pflegebedürftigkeit münden, ist eine Binsenweisheit. Natürlich gelten die Vorteile des Koordinationstrainings aber auch für junge Menschen. Sowohl die großen, allseits beliebten Gymnastikbälle als auch Balanceboards und -polster können hier (richtig angewandt) schnell erstaunliche Fortschritte bringen - die dann wiederum die Leistungen in der Lieblingssportart massiv erhöhen können.
Nicht zu vergessen ist auch das Training der Beweglichkeit. Viele Sportarten begünstigen ebenfalls die bereits erwähnten muskulären Dysbalancen (im Volksmund auch gerne "Verkürzungen" genannt): So ist zum Beispiel bei Hobbyfußballern oft ein extremer Mangel der Dehnfähigkeit der hinteren Oberschenkelmuskulatur zu beobachten. Bei gestreckten Knien mit den Händen die Zehen zu berühren, kann hier schon zur unlösbaren Aufgabe werden. Gezieltes Dehnen und Krafttraining über den gesamten Bewegungsspielraum eines Muskels kann hier Abhilfe schaffen. Und ja, ich weiß, bei Letzterem kann man dann leider bei weitem nicht mehr so viel Gewicht bewegen wie bisher. Der mangelnde Whow-Effekt im Fitnessstudio wird aber durch die neue Lebensqualität mehr als wettgemacht. Versprochen.
Gut auch, dass der Trend momentan ohnehin in Richtung sportlichen Trainings geht, das uns möglichst vielseitig fordert. Dazu zähle ich beispielsweise die immer beliebter werdenden Obstacle-Races (auf Deutsch einfach Hindernisrennen), bei denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer laufen, klettern, springen, kriechen, schwimmen, waten und Gewichte tragen oder ziehen müssen. Vom Spaßfaktor abgesehen, wird man schon in der Vorbereitung auf eine solche Veranstaltung gezwungen, sich möglichst vielfältig zu betätigen - insofern verbindet man gleich das Angenehme mit dem Nützlichen. Gut, über die Definition von "angenehm" lässt sich diskutieren. ;-)
Auch die steigende Beliebtheit der alpinen Klettersteige ist in den letzten Jahren zu beobachten. Stahlseile, Leitern, Eisenklammern und mehr machen sonst durchaus schwierig zu besteigende Wände bezwingbar, sodass man auch als weniger versierter Alpinist in den Genuss toller Touren kommen kann. Trotzdem sind die Anforderungen an Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit, die man zur Begehung einer solchen "Via Ferrata" aufbringen muss, nicht zu unterschätzen.
Einziger Wermutstropfen: Im Waldviertel findet man (noch) keine, der Schreiber dieser Zeilen muss zur Ausübung dieser Sportart weiterhin größere Anfahrtsstrecken in Kauf nehmen.
Dafür kommt er auch ein wenig herum. Auch gut.
Abschließend also ein Aufruf an alle Ausschließlich-Läufer, Ausschließlich-Radler, Ausschließlich-Wanderer, Ausschließlich-Gewichteschupfer und was für Ausschließlich-Sportler es da draußen noch geben mag (bitte auch jedesmal die weibliche Form mitdenken):
Wenn ihr nicht gerade Geld mit eurem Sport verdient, sondern ihn aus Gesundheitsgründen und aus Freude betreibt, bleibt in dem, was ihr tut vielseitig. Euer Körper wird es euch danken.
Mit umfassender Leistungsfähigkeit.
Mit Beschwerdefreiheit.
Und ja, auch mit einem ansehnlichen Äußeren.
Ist doch nicht schlecht, oder?