Es ist einer der beliebtesten Neujahrsvorsätze: Im kommenden Jahr wird regelmäßig gesportelt. Egal, ob das der regelmäßige Besuch im Fitnesscenter, die regelmäßige Laufrunde, die regelmäßige Radausfahrt oder die regelmäßige Bauch-Bein-Po-Stunde ist, all das darf nicht mehr unter den Tisch fallen, das nimmt man sich felsenfest vor.
Und was passiert spätestens Ende Jänner?
Da fällt bereits die erste Trainingseinheit aus, weil man
a) auf einen Kaffee bei der Nachbarin eingeladen ist,
b) der Sohn Unterstützung beim Mathelernen braucht,
c) der Arzttermin so ungünstig gefallen ist,
d) ... (bitte diverses Zutreffendes einzusetzen)
All diese Gründe sind ja prinzipiell gute Gründe. Das eigene Sportprogramm darf weder zur gesellschaftlichen Isolation, zum Schulversagen des Nachwuchses, zur Vernachlässigung der medizinischen Betreuung etc. führen. Insofern scheint das Dilemma ein tatsächliches zu sein. Allerdings nur, wenn man in die falsche Richtung denkt - und das tun die meisten Menschen aufgrund ihrer Erziehung und ihrer Lebensvorstellungen unglaublich hartnäckig.
Die Crux an der Sache ist ja, dass dieses Sportprogramm als etwas gesehen wird, das etwas Besonderes darstellt, etwas, das man "sich gönnt", etwas, das außerhalb des täglich und auf alle Fälle zu Erledigenden liegt. Andere Dinge gehen vor, es gibt Dringenderes, man reiht die Bewegungseinheit im Tagesverlauf (oder in der Wochenplanung) immer weiter nach hinten, bis sie irgendwann keinen Platz mehr findet und ausfällt. Pech gehabt. Der Alltag lässt halt die Umsetzung des hehren Ziels, sich regelmäßig im sportlich relevanten Bereich zu bewegen, nicht zu. Schade. Aber was soll man tun?
Es ist schwierig und einfach zugleich: Man muss radikal umdenken.
Solange man dem Sport keinen grundlegend anderen Stellenwert einräumt, wird man sich immer im Kampf mit dem inneren Schweinehund oder terminlichen Hindernissen befinden.
Erst wenn man versteht (und vor allem vollkommen verinnerlicht), dass Sport zur Hygiene gehört, kann sich hier etwas ändern. Es ist wie mit dem Zähneputzen, dem Duschen oder dem Nägelschneiden: Man muss das alles nicht zwingend machen - darf sich anschließend aber nicht über die Spätfolgen wundern.
Kaum jemand mit einer halbwegs soliden Kinderstube überlegt, ob er die oben genannten Tätigkeiten regelmäßig ausübt. Und genauso hat es sich mit dem Gesundheitssport zu verhalten: Es darf keine Alternative zum regelmäßigen Training geben. So kompromisslos das klingt, so kompromisslos ist es auch.
Allerdings tritt nach einigen Monaten (ja, das klingt nach einer sehr langen Zeitspanne, die es aber retrospektiv gar nicht ist) der Effekt ein, dass man tatsächlich nicht mehr darüber nachdenkt, ob man nun beispielsweise ins Gym fahren soll oder nicht. Man fährt einfach. Quasi auf Autopilot. Ohne einen Gedanken an Alternativen zu verschwenden. Wenn Training auf dem Programm steht, dann wird trainiert. Wenn man sich vor dem Schlafengehen die Zähne zu putzen gewohnt ist, dann tut man das. Wenn die Zehennägel die Socken zu zerreißen drohen, dann schneidet man sie - ohne Aufschub, einfach, weil es notwendig ist.
Insofern kostet es keine Überwindung, sein regelmäßiges Training zu absolvieren. Es tut nicht weh. Versprochen. Zumindest, wenn es sich um ein ordentlich geplantes Sportprogramm handelt.
Zum Beweis soll hier folgendes Selfie meiner Wenigkeit gelten, das direkt vor der Abfahrt ins Fitnesscenter aufgenommen wurde:
Was der werten Leserin oder dem werten Leser vielleicht auffällt:
Es liegen keine Panik, keine Verzweiflung, aber auch keine wilde Entschlossenheit in meinem Blick. Das ist alles nicht notwendig, denn es wird einfach erledigt, was zu erledigen ist. Ziemlich emotionslos, wie ich zugeben muss, oft jedoch auch mit Vorfreude auf kleine Herausforderungen, die man sich selbst stellt, oder im Bewusstsein, wie gut man sich nach intensiver sportlicher Betätigung (und der anschließenden Dusche) fühlt.
Es wird trainiert, weil es an diesem Tag und um diese Uhrzeit so geplant war.
Alles andere wird nachher gemacht, denn Hygiene geht vor.
Hoffentlich doch.