· 

Höhenflug

Unbestritten, das Waldviertel ist ein unglaublich vielseitiges und traumhaft schönes Trainingsgebiet für viele Sportarten. Wandern, Radfahren, Laufen, Schwimmen und vieles mehr sind hier nicht nur problemlos, sondern geradezu ideal möglich. Wer allerdings eine halbwegs ernsthafte Bergtour unternehmen möchte, stößt im Nordwald geländetechnisch nur allzu schnell an seine Grenzen. Das Variszische Gebirge ist halt leider bereits seit einigen Millionen Jahren keines mehr, sondern trägt nicht umsonst mittlerweile den Namen „Böhmische Masse“.

Deshalb ist es sogar für mich hin und wieder notwendig, mein angestammtes Revier zu verlassen und mich weiter im Süden nach der einen oder anderen Herausforderung umzusehen. Auf Anregung meines ältesten Sohnes war es im vorliegenden Fall das Hochschwab-Massiv. Auch der jüngste Sohn kam mit und so war klar, dass es auf keinen Fall eine Gewalt-, sondern eine Genusstour werden sollte. Am ersten Tag ein stressfreier Aufstieg von Seewiesen zum Schiestlhaus knapp unterhalb des Hochschwab-Gipfels, dann eine gemütlicher Tagesausklang und am nächsten Tag (nach einem Abstecher zum Gipfelkreuz) der Rückweg über eine alternative Route, über die spontan entschieden werden sollte.

Nachdem mein Jüngster und ich bereits am Montagabend angereist waren, um die Übernachtungsqualitäten des frisch zum „Schlaf-Mobil“ ausgebauten Hochdachkombis rumänischer Bauart zu testen, waren wir am Dienstagmorgen frisch, munter und aufbruchbereit, als mein Erstgeborener eintraf. Doch nicht nur das mit Hilfe einer extra entworfenen Schlafplattform ausgerüstete Auto sollte einen ersten Praxistest bestehen, sondern auch eine Kühlbox, von deren Kauf ich mir aufgrund einiger Testberichte eine deutliche Erhöhung meiner Reiseunabhängigkeit versprach: Ohne Kompressor oder verschwenderische Verwendung von Kunststoffen, großteils aus Karton und recyceltem Papier zur Dämmung hergestellt und durch speziell entwickelte Kühlakkus betrieben, schien der „Festival Cooler“ der Firma „easy2cool“ genau das zu sein, was ich schon länger gesucht hatte. Vor dem Aufbruch hatte ich Getränke, fertige Sandwiches mit Wurst, Salat, Ei und Mayonnaise sowie Aufstriche und Käse hineingepackt. Ein gewaltiger Vertrauensvorschuss in dieses Produkt, denn die Temperaturen waren sehr, sehr sommerlich. Vor allem in einem geparkten Auto. Dort würden sie sich eher Saunaverhältnissen nähern. Ich war also auf die Leistungsfähigkeit des Systems gespannt. Der Zustand der Lebensmittel nach einer Nacht war zumindest schon einmal erfreulich: Zwar war kaum etwas vorgekühlt eingepackt worden, aber alles war kalt. Kein Unterschied zum heimischen Kühlschrank. Mal sehen, wie es einen (Hochsommer-)Tag später aussehen würde.

Zu dritt stapften wir also los, das Wetter war uns anfangs durchaus hold und erst nach einer kurzen Mittagsrast auf der Voisthalerhütte begann es (zeitweise relativ stark) zu regnen, bald auch zu gewittern. Trotzdem beschlossen wir in Ermangelung wirklicher Alternativen, unseren Weg fortzusetzen – vor allem, da sich das Gewitter bald wieder verzog und die letzten Kilometer lediglich nebelig und/oder leicht verregnet waren. Mystisches Waldviertel in der Steiermark. Da fühlt man sich gleich heimischer.

Am Schiestlhaus angekommen, legten wir uns trocken, bezogen unsere Schlafplätze im Matratzenlager und entspannten bei einem wohlverdienten Weizenbier – zumindest die Volljährigen unter uns. Wie sollte es auch anders sein, das Wetter schlug bald um, die Regenwolken verzogen sich und die Gebirgssonne trocknete die höchsten Meter des Hochschwabs. Deshalb beschlossen mein Ältester und ich, bereits an diesem Tag bei einem Spaziergang dem Gipfelkreuz einen Besuch abzustatten. Unser jüngster Expeditionsteilnehmer zog es allerdings zur Erhaltung der Kampfkraft vor, sich auf seinem Hüttenschlafsack auszustrecken.

Nach unserer Rückkehr, nach einem gemütlichen Vater-Sohn-Geplauder inklusive Talblick auf einem nahen Felsen, der Auferstehung des in der Hütte Zurückgebliebenen, nach Gulasch- beziehungsweise Kaspressknödelsuppe und einigen Runden diverser Gesellschaftsspiele gingen wir alle schlafen – immerhin wartete am nächsten Tag nicht nur ein Frühstücksbuffet, sondern auch der Abstieg auf uns.

 

Die Nacht war ruhig, wir schliefen gut, wachten allerdings auch ohne Wecker früh auf, da viele andere Bergwanderer schon zeitiger als wir aufzubrechen gedachten und bereits gut eine Stunde, bevor wir aufstehen wollten, emsiger Betrieb auf dem Schiestlhaus herrschte.

Ganz besonders erfreulich war, dass an diesem Morgen herrliches Wanderwetter herrschte. Mit vollen Bäuchen, gefüllten Wasserflaschen und gut gelaunt stapften wir noch einmal (auf einer etwas anderen Route als am Tag zuvor) zum Gipfel, damit wir alle ihn guten Gewissens als bestiegen bezeichnen konnten. Dann wanderten wir auf der Höhe über dem Seetal Richtung Staritzen, eine wunderschöne Strecke, die mit verhältnismäßig harmlosen An- und Abstiegen entspannt zu bewältigen war. Umso spektakulärer waren allerdings die Ausblicke auf beide Seiten, immerhin bewegten wir uns großteils auf einem Grat, der es uns ermöglichte, alle paar Augenblicke neue Eindrücke der Landschaften unter uns zu gewinnen.

 

Vor allem aber war diese Höhenwanderung voller tierischer Entdeckungen. Hatten wir am Vortag lediglich diverse Insekten, Alpendohlen und eine große Anzahl reichlich regenverdrossener Alpensalamander gesehen, so begegneten uns nun Steinböcke, Murmeltiere und Gämsen. Gebirgsfauna vom Feinsten also. In Kombination mit der dazugehörigen Flora – Enzian, Berg-Löwenzahn und Co. – alles, was sich der typische Flachlandtourist so wünscht.

Was er sich nicht wünscht, erwartete uns allerdings auch, denn als Abschluss der Tour mussten wir natürlich aus der Höhe absteigen. Und das auf kurze Distanz. Erfahrene Bergwanderer (selbstverständlich beiderlei Geschlechts) wissen, was das heißt: Es wird steil. Und in unserem Fall auch geröllig. Teilweise schlammig. Und zu allem Überfluss – es war ja August – auch wirklich heiß.

Bild: www.easy2cool.de
Bild: www.easy2cool.de

Wie auch immer, wir setzten vorsichtig einen Fuß vor den anderen, teilweise durch ziemlich dicht bewachsenes Gelände, zum Schluss allerdings nur mehr durch gut begehbaren Wald, bis wir wieder glücklich in Seewiesen bei den Autos angekommen waren. Dort genossen wir nach wie vor eiskaltes Wasser aus dem „Festival Cooler“. Auch alle darin befindlichen Lebensmittel waren noch - am dritten Tag - tatsächlich kühlschranktemperiert, obwohl das Auto zwischenzeitlich bei Sommertemperaturen in der prallen Sonne gestanden war. Selbst die speziellen Kühlakkus waren lediglich teilweise angetaut, obwohl ich in der Hektik des Aufbruchs sogar auf zwei Stück vergessen hatte. Erstaunlich. Wirklich erstaunlich. Das System funktionierte noch besser als erwartet. Gratulation an die Entwickler!

Warum aber nun dieser etwas biedere Ausflugsbericht in der guten, alten Tradition von „Mein schönstes Ferienerlebnis“? Ganz einfach: Wie auch in anderen Texten hier auf W4WorkOut ist es mir ein Anliegen, die Wichtigkeit richtiger Bewegung hervorzuheben. Und richtige Bewegung bedeutet auf alle Fälle auch Sport, der einen fordert, der einen zwingt, sich mit neuen Bewegungsmustern auseinanderzusetzen. Für Bewohner eher gebirgsloser Regionen ist ein Anstieg von etwa 1500 Höhenmetern im Verlauf einer einzigen Wanderung die Ausnahme. Der Körper wird vor neue Herausforderungen gestellt, die er zwar aufgrund guter Grundkondition bewältigt, die aber nicht alltäglich sind – und damit neue Trainingsreize setzen.

 

Beim Abstieg über Geröllfelder oder Geländestufen werden in höchstem Maße koordinative Fähigkeiten trainiert, man muss sich mehr als üblich konzentrieren sowie jeden Schritt ganz bewusst setzen. Fortschritte stellen sich hierbei schnell ein, allerdings auch deutliche Ermüdung. Und so verschiebt man seine Leistungsgrenzen wieder ein wenig, man wird selbst im Flachen und auf einfacher zu begehendem Terrain sicherer, was etwa Verletzungen perfekt vorbeugt - vom Erlebnisfaktor ganz zu schweigen. Und den vermitteln hoffentlich die Bilder dieses Beitrages.

 

Also, ab in die Berge - das schönste Fitnesscenter der Welt -, Bewegung genießen und besser werden! Viel Spaß dabei!