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Frisch beschuht

Sechs mal drei Zentimeter große Blutblasen auf den Fußballen, mehrere gewöhnliche Blasen an Zehen sowie Fersen und dadurch einige Tage die Anmut eines altersschwachen Flusspferds an Land. Das war die Ausbeute meiner vergangenen Probewanderung für die hundert Kilometer der Veranstaltung "Fittes Waldviertel".
Wie dort bereits erwähnt: Das durfte nicht mehr passieren. Also nahm ich die Markenempfehlung meiner versiertesten Wanderkomplizin als Basis, recherchierte selbst noch ein wenig, um auch allen mir wichtigen Parametern gerecht zu werden und entschied mich letzten Endes für diese Schuhe. In Schwarz. Eh klar. Sie mussten ja mit meiner Seele harmonieren.

Bevor sie aber auf der Langstrecke zum Einsatz kommen sollten, war es unabdingbar, sie ein wenig einzugehen. Also begleiteten sie mich in den Urlaub mit meinem Jüngsten. Dort hatte ich zumindest zweimal Gelegenheit, sie zu testen: erstens beim Sightseeing in Schwaz inklusive seinem fünfhundert Jahre alten Silberbergwerk, wo sie erstmalig ein wenig schwierigeren Untergrund unter die Sohlen bekamen, und zweitens beim Aufstieg neben den Krimmler Wasserfällen, den höchsten Österreichs. Das sollte für eine erste vorsichtige Beurteilung ausreichen.

Beim Spaziergang durch die malerische Altstadt von Schwaz wurden die Schuhe noch nicht sehr gefordert. Was aber schon deutlich wurde, war der Umstand, dass meine nach wie vor sehr druckempfindlichen Fußsohlen keinen Mucks zu machen beliebten. Ich ging wie auf Wolken. Oder zumindest wie auf einem sehr weichen Teppich. Auf Kopfsteinpflaster ebenso wie auf Schotter oder Asphalt. Erholung pur. Auch im Silberbergwerk, in dem der Untergrund deutlich abwechslungsreicher als in der Stadt war, konnte ich mich auf die interessante Führung und weniger auf das Setzen meiner Schritte konzentrieren. Genaugenommen durfte ich es vollkommen vergessen. Mrs. Pacemaker hatte nicht zu viel versprochen: Der Gehkomfort war hervorragend. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank!

Nachdem ich jedoch die nächsten beiden Tage auf Klettersteigen unterwegs war, trug ich natürlich andere Schuhe: weniger gedämpft, aber mit sehr steifer Sohle, was ebenfalls dazu beitrug, dass sich meine Fußsohlen regenerieren konnten. Auch gingen wir an diesen Tagen nicht allzu weit. Der Zustieg zu den Routen dauerte nur etwa eine halbe Stunde, ebenso der Abstieg. Am meisten waren wir am Fels unterwegs.

Der einhellige Tenor der Schuhkritiken der "Cloudrock Waterproof" in den Weiten des WWW war folgender:
+ großartige Dämpfung

+ wasserdicht und trotzdem atmungsaktiv

+ geringes Gewicht

+ viel Zehenfreiheit

- hoher Preis

- dünne Schuhbänder
- schlechter Halt auf nassem Fels
Mein Sohnemann ergänzte diese Liste noch mit der Erfahrung, die er mit Laufschuhen derselben Marke gemacht hatte. Diese waren nämlich nach verhältnismäßig kurzer Zeit am Übergang zwischen Sohle und Textilteil aufgeklafft. Offensichtlich war dieser Bereich schlecht verklebt gewesen. Nun ja. Das würde ich nach zwei Tagen noch nicht beurteilen können. Hoffentlich.

 

Also auf zu Testtag zwei: einer Halbtageswanderung im Bereich der Krimmler Wasserfälle. Die Quellenlage ist ein wenig verwirrend: Es sind entweder die höchsten Europas, zumindest aber die höchsten Österreichs mit 385 Metern. Zu hoch für eine Raftingtour bergab. Da wanderten wir schon lieber daneben bergauf.

Der Anstieg war teilweise richtig steil, keine Frage. Allerdings präsentierte der Weg sich auch dermaßen touristenfreundlich gewartet, dass man ihn mit einem Kinderwagen hätte befahren können. Zumindest dann, wenn man selbst genug Kraft hätte und das Kind nicht allzu korpulent wäre. Oder älter als fünf Jahre - und mein Jüngster ist immerhin schon siebzehn. Nicht lachen, ich habe bereits eindeutige Volksschüler in Kinderwägen gesehen. Doch ich schweife (schon wieder einmal) ab.

Als wir am höchsten Punkt der Wasserfälle angekommen waren, beschlossen wir, noch ein wenig die Krimmler Ache taleinwärts entlangzugehen. Apropos gehen: Ich ging wirklich nach wie vor wie auf Wolken. Die Dämpfung der Schuhe war Balsam auf meine geschundenen Fußsohlen. Pluspunkt eins hatte sich also bewahrheitet. Ebenso aber auch die anderen: Die Passform war hervorragend, sie wogen definitiv nicht großartig mehr als manche meiner Laufschuhe und meine Zehen hatten mehr als genug Platz.

Die Wasserfestigkeit hatte sich bereits im verhältnismäßig feuchten Silberbergwerk bestätigt, was noch folgte, war der abschließende Härtetest: Wie würde sich die Sohle auf rutschigem, felsigem Untergrund machen? Hätten die Schuhe unter diesen Bedingungen wirklich eine deutliche Schwachstelle?

Um das zu testen, stiegen wieder wir den Weg ins Tal ab. Am Fuß der Wasserfälle lag eine ganze Landschaft aus Felsblöcken, die durch die Gischt klitschnass und dementsprechend rutschig waren. Der perfekte Platz für ein Vater-Sohn-Selfie sowie den ultimativen Griffigkeitstest der Sohlen meiner neuen Treter.

Das Ergebnis war eindeutig. Die Schuhe machten nicht einmal den leisesten Ansatz, auf der nassen Oberfläche der Felsblöcke zu rutschen. Ich stieg problemlos von einem Stein auf den anderen, egal, ob bergauf oder bergab - die Sohlen boten guten Halt, anders als die Schuhe anderer Touristen, die an diesem Tag dort unterwegs waren. Laufschuh-, Sandalen-, aber auch Wanderschuhträgerinnen und -träger balancierten verhältnismäßig unsicher über jene Bereiche, die ich problemlos betreten konnte.

Der Geländetest war eindeutig gelungen.
Was noch fehlte, war ein Marsch über zumindest (!) dreißig Kilometer. Erst dann könnte ich sicher sein, die richtigen Schuhe für die Hundert-Kilometer-Wanderung im Oktober gefunden  zu haben.

Und dieser Probemarsch war bereits fixiert: Er sollte in der Vollmondnacht vom zwölften auf den dreizehnten August stattfinden.
Ja, klar - ich werde berichten.

Was denn sonst? ;-)