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Genusssteigerung

Im Tirol-Urlaub hatte ich meine neuen Wanderschuhe bereits ein wenig eingegangen, ein Test auf eine längere Distanz (also mindestens 30 Kilometer) war jedoch noch ausständig.
Würden sie halten, was Werbung, Testberichte und die persönliche Erfahrung von Mrs. Pacemaker versprachen? Wäre der Gehkomfort auch noch nach Stunden gegeben? Oder müsste ich in den "On Cloudrock Waterproof" ebenfalls nach etwa vier bis fünf Stunden mit den ersten Druckstellen und Blasen rechnen?

 

Um das herauszufinden, half nur ein Probemarsch über eine etwas längere Distanz. Geplant war eine entspannte Mondscheinrunde von zirka 33 Kilometern in der Nacht vom 12. auf den 13. 8. 2022, nur knapp nach Vollmond und bei verhältnismäßig klarem Wetter. "A gmahde Wiesn", wie man so schön sagt. Oder weniger österreichisch: "ein Kindergeburtstag".

Aus diesem Grund war ich auch nicht allzu besorgt, dass ich im Vorfeld nicht geschlafen, sondern den Nachmittag lesend im Garten verbracht hatte. Treffpunkt war ja erst um 22 Uhr in Waldenstein (Bezirk Gmünd).

Falls man kein Problem mit wissenschaftlichem Denken hat, ein übrigens sehr empfehlenswertes Büchlein.
Falls man kein Problem mit wissenschaftlichem Denken hat, ein übrigens sehr empfehlenswertes Büchlein.

Ziemlich pünktlich und zu dritt starteten wir. Für uns alle war es ein Trainingsmarsch im Vorfeld der Veranstaltung "Fittes Waldviertel", bei der wir am 8. 10. 2022 immerhin 100 Kilometer unter die Schuhsohlen nehmen wollten.
Als vierter und sehr treuer Begleiter war der (fast) volle Mond mit im Bunde, der es uns außerhalb der waldigen Abschnitte ermöglichte, auf unsere Stirnlampen zu verzichten.

Zügig wie immer marschierten wir drauflos: über Güterwege, Wiesen, durch Dörfer, Wälder und über Feldwege. Der Untergrund war vielfältig. Wie würden meine Füße reagieren? Wann würde die gewohnte Druckempfindlichkeit einsetzen? Wann würden die ersten kleinen Unannehmlichkeiten zu spüren sein? Wann würden die ersten Blasen sich bemerkbar machen? Ich war gespannt.
Doch noch genoss ich die verhältnismäßig laue Nachtluft, plauderte, freute mich über so manchen wildromantischen Ausblick und die nächtlichen Tierbegegnungen, achtete aber laufend ganz bewusst auf die Rückmeldungen meiner Füße. Allerdings schwiegen die beharrlich, versahen ohne Probleme ihren Dienst und fühlten sich in den neuen Schuhen offenbar pudelwohl.

Und so blieb es auch.
Der Halt der Schuhe im Knöchelbereich war fest, aber nicht unangenehm. Falls doch, hätte ich das schnell durch Lockern der Schuhbänder beheben können.

Die Zehen hatten ausreichend Platz, auch die Breite und die Höhe des Schuhinnenraums waren gerade richtig: Sie gaben Halt, engten aber nicht ein.

Die Sohlen bewiesen weiterhin auf verschiedenen Untergründen Grip und es traten sich auch so gut wie keine Steine in die Zwischenräume des Profils ein. Das war in manchen Testberichten als Nachteil der sonst sehr durchdachten Sohlenkonstruktion bekrittelt worden.

Weiters blieben die Füße auch vollkommen trocken, obwohl wir immer wieder durch taunasses Gras gingen.

Das Wichtigste war jedoch, dass die Dämpfung der "Cloudrock" so stark war, dass Druckstellen gar nicht erst zu entstehen schienen. Insofern musste ich weder in der Bewegung noch in der Geschwindigkeit irgendwelche Zugeständnisse an den Untergrund machen.

Kurz: Ich war extrem positiv überrascht.

So ein problemloses Gehen kannte ich eigentlich nicht.

Wunderbar.

Rückeroberung einer Scheune durch die Natur
Rückeroberung einer Scheune durch die Natur

Den größten Teil der Runde machte die "Frauenbichl"-Mountainbikestrecke aus. Was andere Leute radeln, das war für uns der Trail einer überschaubaren Nachtwanderung. Irgendwie verschieben sich mit der Zeit und häufigerem Training die Grenzen. Das war allerdings gut so - immerhin mussten wir uns bald wieder den 100 Kilometern stellen - einer Distanz, die wahrscheinlich die meisten Mitteleuropäer noch nie am Stück und zu Fuß zurückgelegt haben. Dafür muss man also schon ein wenig, na ja, anders sein.

Nach 22 Kilometern legten wir eine kurze Pause ein, um ein wenig zu essen - ich hatte Erdnüsse und einen Apfel mit - und das Rasten an einer Verpflegsstelle zu simulieren, wie sie bei Hundertermärschen für gewöhnlich etwa alle 20 Kilometer anzutreffen ist. Nachdem wir wieder aufgebrochen waren, zogen wir bekennenden Warmduscher*innen uns für einige Minuten Pullover oder Jacken an, denn die Temperaturen waren mittlerweile vor allem am freien Feld deutlich gesunken. Doch bald waren wir wieder in Bewegung und dementsprechend erneut kurzärmelig unterwegs. Coole Socken halt. Apropos: Meinen Füßen ging es immer noch hervorragend. Nichts zwickte, drückte oder rieb. Erstaunlich.

Und um es vorwegzunehmen: Das änderte sich auch nicht. Nicht bei Kilometer 25, nicht bei Kilometer 30, nicht am Ziel, also dem Ausgangspunkt unserer Wanderung in Waldenstein. Dadurch, dass ich einige Wochen außer einigen kleinen Bergtouren im Urlaub nicht viel gegangen war, spürte ich am nächsten Tag leicht meine Beine und mein Gesäß - meine Füße hingegen waren vollkommen unbeeindruckt von der vorangegangenen Nacht. Nicht die geringste Scheuerstelle, nicht die kleinste Blase, nichts.

Hiermit wusste ich: Die "On Cloudrock Waterproof" waren meine beste Investition im Schuhbereich seit langer Zeit.

Die 100 Kilometer des "Fitten Waldviertels" konnten kommen.

Lange Wanderungen waren nun keine Tortur mehr, sondern ein Genuss.
Ebenso wie der Sonnenaufgang, den ich beim Nachhausefahren erleben durfte.
Life is good. Oder ist irgendjemand anderer Meinung?